5-Fragen-Interview mit Anna Job zu “SALZIGE MILCH”
Parallelen zwischen Meer und Mutterschaft
Anfang 2024 erschien der Erzählband Salzige Milch von Anna Job im Kunstanstifter Verlag. Ein Bilderbuch für Erwachsene, eine Erzählung in Schnipseln, farbenfroh illustriert von Corinna Pourian. Manchmal melancholisch, immer poetisch, genügsam in Worten, aber nie sparend an Feingefühl schreibt sie über den Spagat zwischen Ängsten und Liebe, zwischen Sehnsucht nach Freiheit und Verbundenheit. Und über den Willen und den Mut mit der Angst zu brechen.
Salzige Milch zeigt, dass Meer, Surfen und Mutterschaft vieles gemeinsam haben: man paddelt, man kämpft sich durch Strömungen, man fällt, man steht, man nimmt die nächste Welle und findet die Balance. Glücksgefühl!
Wir hatten das Vergnügen Anna fünf Fragen zu Salzige Milch zu stellen.
Kleiner Teaser: Wir dürfen uns freuen und sind gespannt, im Januar 2025 erscheint Salzige Milchs Nachfolger „Muschmamm‟.
Wie würdest du einem Kind beschreiben, um was es in deinem Buch Salzige Milch geht?
Ums Angst überwinden und das Herausfinden, wovor genau man überhaupt Angst hat. Die junge Frau im Buch reist von Strand zu Strand, aber sie hat auch Angst vor den Wellen beim Surfen. Doch weil sie das Meer so liebt, kämpft sie dauernd gegen diese Angst an. Bei diesem Kampf kapiert sie, dass sie auch zu Hause oft Angst hat. Sie fühlt sich bei der Arbeit nicht wohl, findet es schwer ein Liebespaar zu sein und ist deshalb einsam. Weil sie Angst-überwinden im Meer schon so gut geübt hat, und kapiert hat, dass man manchmal Dinge fürchtet, die man eigentlich ganz doll will, wie Lampenfieber vor einer Aufführung, traut sie sich auch zu Hause ihr Leben zu verändern, und sogar eine Familie zu gründen. Als sie dann Mutter wird, kommen zwar neue Ängste und Probleme dazu. Aber sie spürt eine neue gute Ruhe, weil sie schon so viel überwunden hat und echte Wünsche erfüllen konnte.
Warum hast du das Buch geschrieben, was hat dich dazu bewegt?
Das Bewerbungs-Thema 2019 zur Bayerischen Akademie des Schreibens im Literaturhaus München war „Grenzüberschreitungen‟. Ich wollte über zwei Grenzen schreiben, die mich bewegten: Die Welle als Grenze, im Sinne von „Ich trau mich hinaus über die Grenze, vom „white water‟ zum „green water‟, (so nennt man die Bereiche vor und nach der gebrochenen Welle), um die Welle dann zu „nehmen‟. Und über Geburt als Grenze, im Sinne vom Übergang von Frau zu Mutter.
Beide Grenzen bedeuten mir viel und haben einiges gemeinsam. Das wurde durch das Buch hoffentlich klar, hihihi. Der kleine Bewerbungstext wuchs dann während und nach der Akademie immer weiter und weiter.
Welche Emotionen standen für dich beim Verfassen deines Buches im Vordergrund?
Mutterliebe war arg präsent. Diese zwar hormonbedingte, aber dennoch überwältigende Mutterliebe. Die man, gerade, weil sie hormonbedingt ist, auch vorher nicht kennen kann. Dieser krasse Strudel und das Ausmaß von Glück und Ängsten um die Geburt herum haben mich arg ans Surfen erinnert und ich wollte beides unbedingt verbinden.
Auf welche Hürden und Schwierigkeiten bist du beim Schreiben gestoßen?
Beim ersten Text konnten mir Leser:innen nicht folgen. Sie rätselten lange, und kapierten irgendwann, dass es um eine Geburt geht, aber überhaupt nicht, dass ich auch übers Meer rede. Das war kurz witzig, aber dann hatte ich viel zu tun. Und grundsätzlich war die Wippe von „was verstecken‟ und „was benennen‟ ein Thema. Verstecken, Doppeldeutigkeiten oder einen enigmatischen Vibe liebe ich sehr, aber ich muss auch aufpassen, dass ich die Leser:innen nicht beim Raten verliere.
Und die Kitsch-Falle lauert auch immer mit ganz offenem Maul. Grad bei Mutterliebe ist man schnell bei Kühlschrankmagnet-Sprüchen.
Ein Blick auf Feminismus: Welche Position(en) nehmen FLINTA* Personen in deinem Buch ein?
Die Perspektive einer Frau. Die arbeitende, studierende Frau. Die unbewusst-Mutter-sein-wollende Frau. Die werdende Mutter. Die Gebärende. Die bärige Kinds-Beschützerin. Die Starke sich ihren Ängsten stellende Frau. Die nicht einsame Mutter mit ihrer inneren Ruhe des befriedigten Kinderwunsches. Die me-time-lose-weniger-Reisende. Hab ich eine vergessen? ☺
Anna Job schreibt gerne über Mütter. Wasser. Kompost.
Und an Bäume.
Bisschen lyrisch.
Als freie Autorin. Germanistin. Halbe Informatikerin.
Und bisschen freie Texterin.
Sie lebt in München, liebt einen Mann,
zwei Kinder und zwei Kater.
Und vier Hühner. Bisschen weniger.
Mit dem Meer ist sie noch lange nicht fertig.